Georg-Simmel-Zentrum für Stadtforschung

Kontext Metropolenforschung

Der Metropolenbegriff wird in verschiedenen Disziplinen in unterschiedlicher Definition gebraucht. Während er in der Geographie sehr große Städte mit einem großen "Bedeutungsüberschuss" vor allem in ökonomischer und politischer Hinsicht bezeichnet, beziehen sich die Geschichts- und Kulturwissenschaften ganz auf die kulturelle Bedeutung von Städten, die sich dadurch von lediglich großen Städten unterscheiden. In der Soziologie hat der Begriff in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren bzw. wurde auf die sehr großen "Megastädte" des globalen Südens und der "Schwellenländer" beschränkt.

Metropolen in der Wissenschaft

Wissenschaftliche Institutionen, die sich explizit mit der Geschichte, der Entwicklung und der Bedeutung von "Metropolen" befassen, gibt es in Deutschland bisher nicht. Das ist mit Sicherheit auch eine Folge der Tatsache, dass es im dezentralen Städtesystem Deutschlands - anders als etwa in Frankreich oder England - keine Stadt gibt, die in allen Bereichen der Gesellschaft die höchste Zentralität verkörpern würde. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, die die Naturwissenschaften einschließt, und die sich nicht auf die technischen Probleme der Großstadtorganisation bzw. auf ökologische Aspekte beschränkt, gibt es bisher auch nicht.

Forschung über und mit dem Begriff der Metropole wurde und wird an verschiedenen literatur- und kulturwissenschaftlichen Fakultäten und Instituten betrieben, wobei ausländische Literatur und Stadtbeispiele eine herausragende Rolle spielen. In diese Richtung arbeitet auch das von der DFG geförderte Transatlantische Graduiertenkolleg "Geschichte und Kultur der Metropolen im 20. Jahrhundert", an dem auch Hochschullehrer des GSZ beteiligt sind.

Metropolen als Global Cities

In den Sozialwissenschaften und in der Geographie ist die Diskussion über die Bedeutung besonderer Zentralitäten von Städten in den vergangenen Jahren von der Kategorie der "Global Cities" beherrscht oder überdeckt gewesen, die in ihrem Kern eine wirtschaftsgeographische Bestimmung darstellt. Innovativer als die Erstellung von Rankings nach Merkmalen der Zentralörtlichkeit, die eine lange Tradition in der Geographie hat, ist die Erforschung jener sozialen und räumlichen Probleme von Städten, die den "Global Cities" per definitionem zugesprochen werden: wachsende Ungleichheit, sozialräumliche Polarisierung, die Rolle von Migranten für die städtische Ökonomie - und die Frage nach Regulierung und Steuerung der städtischen Entwicklung.
 

Metropolen unter ökonomischem Blickwinkel

Die Stadt- und Regionalökonomie, die in Deutschland ohnehin sehr schwach vertreten ist, hat sich seit Jahrzehnten vornehmlich der Beschreibung und Analyse von Dezentralisierungs- und Suburbanisierungsprozessen gewidmet. Mit der Entstehung einer neuen urbanen Ökonomie, die durch kulturbezogene und kreative Tätigkeiten und Wertschöpfungen charakterisiert ist, ist die Bedeutung von großen Städten für die wirtschaftliche Entwicklung wieder gewachsen. Städte sind als Wirtschaftsstandorte gleichsam zu einem neuen Paradigma der Forschung geworden - und zwar wegen ihrer metropolitanen Qualitäten! Heterogenität, Dichte und eine gewisse Größe von heterogenen Branchen und Kulturen gelten als die wichtigsten Merkmale der Erfolgsaussichten bei der Entwicklung von Tätigkeiten, die den Kern der neuen städtischen Ökonomie bilden.
 

Metropolen als Orte der Vielfalt

Eng damit verbunden ist die multikulturelle Zukunft der großen Städte, die einerseits eine große Chance für die Entfaltung einer metropolitanen Urbanität darstellt, andererseits aber auch eher als Problem wahrgenommen werden und Anlass zu vielerlei Konflikten sein kann. Die Bedeutung von Migration für die Städte und die Bedeutung der Städte für die Migration ist Thema in vielen Instituten in- und außerhalb der Universitäten - die Qualität von Metropolen als die Orte, wo Vielfalt und Differenz produktiv entfaltet werden können, steht dabei im Zentrum der Forschung. Diesbezügliche Kooperationen und Diskurse aufzubauen, gehört zu den Grundaufgaben des GSZ.